· 

Russische Soljanka – eine nostalgische Zeitreise

Jene, die bis 1975 im Osten Deutschlands geboren wurden, haben mit Sicherlich sie mindestens einmal gegessen: die Soljanka. – Sie gehört zu den »Klassikern« der DDR-Küche, wie auch das Würzfleisch in fast allen Gaststätten auf der Spüeisekarte und das Jägerschnitzel aus Jagdwurst und das Wurtsgulasch mit Spirelli an den Schulen, in den Ferienlagern und den Werkskantinen …

Moscow Red Square (Wikipedia ∙ GNU-Lzenz für freie Dokumentation – Autor nicht bekannt)
Moscow Red Square (Wikipedia ∙ GNU-Lzenz für freie Dokumentation – Autor nicht bekannt)

Etwas Historie

Soljanka ist eine säuerlich-scharfe Suppe der russischen Küche. Bei einer russischen Soljanka werden »Schtschi« (Krautsuppe, saure Sahne) und »Rassolnik« (Salzgurken, Gurkenlake) vereinigt.

 

In der russischen Sprache wurde die Soljanka zunächst bis zum Ende des 19. Jahrhunderts seljanka genannt, abgeleitet von sel‘skij »ländlich, vom Land« bzw. (selo) »Dorf«, und bezeichnete zunächst sehr unterschiedliche ländliche Gerichte, wie heiße Suppe mit Fleisch oder Fisch, Kohl, Gurken, Zwiebeln, bis hin zu Brot mit Eiern.

 

Die Benennung änderte sich zu »Soljanka«, weil schließlich zahlreiche Salzprodukte (sol) »Salz« zur Zubereitung verwendet wurden. – Man unterscheidet heute im Wesentlichen drei Arten, je nachdem, ob Fleisch, Fisch oder Pilze die vorherrschenden Zutaten sind. Gemeinsam ist allen, dass sie mit Salzgurken zubereitet werden. Verständlich, weil  vergorene Gurken und Weißkohl eine hohe Haltbarkeitsdauer haben, gesund sind und auch traditionell, wie auch gesalzene Reizker (Pilze)  und andere mit Salz konservierte ländliche  Produkte, »Markenzeichen« alter traditioneller russischer Küche sind.


Sojanka 1958 in der DDR

Wann diese Suppe zum ersten Mal in der DDR propagantiert worden ist, kann nicht mehr genau nachverfolgt werden. – Sicher ist aber, das jene der damalige DDR-Fernsehkoch Kurt Drummer in einer seiner Koch-TV-Sendungungen »Der  Fernsehkoch empfiehlt …« einem breiten Publikum 1958 vorgestellt hat. Sicher ist auch, dass sich diese Suppenkreation in Windeseile verbreitete. Es gab wohl keine Gaststätte, in der eine »Soljanka« nicht als Vorsuppe auf der Speisenkarte stand. Vorwiegend mit Wurst, ob nun Jagdwurst oder Scheiben von »Wiener Würstchen« – es war auch eine preiswerte Suppe, die problemlos jeder kochen konnte, zumal keine »Mangelware« auf der Zutatenliste stand. Und sie schmeckte offensichtich nicht nur wenigen, sondern vielen.

 

Zu jener Zeit hatte schon im Westen Deutschlands Clemens Wilmenrod den »Toast Hawaii« erfunden. (Wie er behauptete). Allerdings war jener nur ein mittelmäßiger Schauspieler und kein Koch. – Kurt Drummer hingegen hatte das Kochhandwerk von der Pieke auf gelernt und wurde in der DDR vor allem aufgrund seiner Tätigkeit als Fernsehkoch bekannt. Die Sendung Der Fernsehkoch empfiehlt begann 1958. Insgesamt war Drummer über 25 Jahre im Fernsehen der DDR aktiv. Drummer ging übrigens aus einer Vielzahl von internationalen Koch-Wettbewerben als Sieger hervor, u. a. in London, Budapest und Wien.

 

Der »Toast Hawaii« war beileibe keine Kochsensation, allerdings im Osten Deutschlands schwerlich zu machen. Denn diese Toastscheibe mit Schinken, auf dem eine Ananasscheibe und darauf eine Scheibe Käse überbacken wurde, war fast unerreichbar. So kostete doch eine Büchse Ananas in den sogenannten »Delikat«-Läden im Osten 24 Mark! – Und wenn man bedenkt, dass eine Frau von Beruf »Technische Zeichnerin« am Ende des Monats 380 Mark Netto in der Lohntüte hatte – währe dieses Toast für viele eine besondere Delikatesse gewesen. – Dann eben Soljanka … die schmeckte auch. Und verdammt gut !

 

Das war vor 65 Jahren. – Wer nun glaubt, das diese Suppe durch das Sieb der Geschichte gefallen ist, irrt gewaltig! Es gibt sie noch, die Soljanka, in Büchsen, zumeist mit Wurst in den Konserven-Regalen der Supermärkte und Discounter, wieder in vielen Gaststätten des Ostens und sicher in in nicht wenigen heimatlichen Küchen, wo man mit »Soljanka« aufgewachesn ist. – Ich bin sicher, dass diese herzhafte, scharf-säuerliche Suppe von Generation zu Generation weitergetragen wird.

 

Im Gegensatz zum »Toast Hawaii« ist eine »Soljanka« immer noch »up to date« und wird es immer sein …

Zutaten für eine Soljanka
Zutaten für eine Soljanka

Russische Soljanka

ein rezept der feinen küche


Für 8 – 10 Personen                                                                                                                                  Als Vorsüppchen für 20 Personen


Die angegebenen Mengen entsprechen fünf Liter Soljanka

Zutaten

2 Liter kräftige Fleichbrühe (oder Brühe von Brühpulver Rind oder Brühwürfel)
75 ml Sonnenblumenöl (oder Pflanzenöl z.B. LIVIO)
4 große Zwiebeln
4 Knoblauchzehen
3 Gemüßepaprika (rot, gelb, grün)
6 – 8

große Salz-Dill-Gurken aus dem Fass

¼ Liter

Salzgurkenlake

140 ml

Tomatenmark

1

Zitrone (unbehandelt)

150 g

Rinder-oder Schweinebraten

150 g

kräftig geräucherter Schinkenspeck (oder durchwachsener Speck)

100 g

feine Salami oder Zervelatwurst

150 g

Würstchen

2 Scheiben

Kasslerkotelett oder Kassler-Lachs

8 Stk.

Piment

3

Lorbeerblätter

2 EL

edelsüßer Paprika

2 TL

Sambal Oeleg

½ Glas

Letscho

 

Bund frischer Dill

1 Becher oder Crème fraîche

saure Sahne; im Original gibt es dazu »Smetana«; dieses russische Produkt hat im Gegesatz zu saurer Sahne (10%) einen Fettgehalt von (42%) – Crème fraîche 30%

   
 

WEITERHIN

300 g frisches Sauerkraut aus dem Fass
30 g fetter Speck
4 Wachholderbeeren
1 TL Kümmel (ganz)
1 frisches Lorbeeblatt

Zubereitung

1. Zuerst natürlich alle Zutaten bereitstellen. Das verkürtzt die Arbeitszeit. (Bild 1)

 

2. Sauerkraut vorkochen: Dazu das frische Sauerkraut aus dem Fass in einem Durchschlag waschen und gut ausdrücken. Den fetten Speck golden auslassen und gehackte Zweibel glasig andünsten. Salzen, die Gewürze zufügen, etwa 250 ml Wasser oder trockenen Weißwein angießen und etwa 45 Minuten bei geschlossenem Deckel garen. Wenn gegartetes Sauerkraut vorhanden sein sollte, enfällt natürlich dieser Schritt – (Bild 1)

 

3. Aus einer halben Zitrone (ungeschält) mit Pfefferkörner, Piment und den Lorbeerblättern in etwas Brühe (etwa 250 ml) einen kräftigen Sud kochen und abseien. (Bild 3)

 

4. Kasller würfeln, Braten, Schinkenspeck und Salami in Streifen schneiden. (Bild 4)


5. Zwiebeln schälen und in Scheiben schneiden, Paprika entkernen, vierteln und in Streifen schneiden. Knoblauch schälen und fein hacken. Salzgurken in feine Scheiben schneiden. (Bild 5)


6. In einem Topf Sonnenblumenöl erhitzen und den durchwachsenen Speck golden ausbraten. (Bild 6)

 

7. Die Gemüse (außer die Salzgurken) darin 10 Minuten ohne anzubraten bei mittlerer Hitze  anschwitzen lassen. – Ab und zu umrühren. (Bild 7)

 

8. Tomatenmark, Paprikamark, Paprikapulver und Sambal Oeleg zufügen und anschwitzen. Braten, Schinkenspeck und Salami sowie Würstchen zugeben, und wieder 10 Minuten mitschwitzen. (Bild 9)

 

9. Letztlich die Salzgurkenscheiben, das Letscho und das gegarte Sauerkraut zu Suppe geben, Fleischbrühe, Gewürzsud und Gurkenlake auffüllen – alles noch 10 Minuten ganz sanft köcheln lassen – die Gemüse sollten noch leichten Biss haben. (Bild 9)



Fertigstellen und servieren

Restliche Zitrone schälen und in Scheiben schneiden. Sojanka in Suppenteller füllen, mit restlichen Dill bestreuen – Zitronenscheibe auflegen und mit einem dicken Klacks saurer Sahne bzw.Crème fraîche und frisch gehackten Dill servieren.


Zusammenfassung

1. Gleich ob mit Wurst, Fleisch, Fisch oder Pilzen oder Kompinationen zubereitet, eine Soljaka schmeckt zu jeder Jahreszeit. Etwas sollte aber immer in einer traditionellen Russischen Soljanka vertreten sein: Salzgurken (keine Gewürzgurken!), Dill und evtl. frisches vergorenenes Sauerkraut, letzteres ist aber keine Bedingung.

2. Eine Soljanka ist ganz leicht sämig, hat eine kräftige rote Farbe, ist herzhaft, kräftig, und hat einen würzig-säuerlichen, leicht scharfen Geschmack.

3. Garniert wird eine Soljanka traditionell mit je einer Zitronenscheibe, einem Klacks saurer Sahne bzw. Crème fraîche (im Original Smetana) und frisch gehacktem Dill.

4. Gelöffelt wird sie nach Gusto zu einer Scheibe Weißbrot, Toast oder Brötchen als Beilage.

 

Jetzt kann man nur noch »Приятного аппетита« wünschen !

Russische Soljanka
Russische Soljanka
Russische Soljanka
Russische Soljanka

Kommentar schreiben

Kommentare: 0